Das Schneiderhandwerk, die heimische Textilindustrie und das Nähen zuhause erlangen dieser Tage eine ganz neue Beachtung. Und auch wenn der Grund dafür nicht unangenehmer sein könnte, ist es dennoch eine Freude zu sehen, wie viele Menschen die alte Nähmaschine der Großmutter vom Dachboden holen, ein bisher unberührtes eigenes Nähset öffnen oder ihre lokalen Schneidereien unterstützen, und im Zuge ihrer solidarischen Hilfeleistung vielleicht eine neue Anerkennung für das Textilgewerbe gewinnen.
In einer Zeit, in der das Handwerk an Bedeutung verliert und die einst lokale Industrie im Zuge der Globalisierung in andere Länder verlagert wurde, ist der Wert der Bekleidungsherstellung vor Ort in Vergessenheit geraten. Dabei gibt es keinen besseren Zeitpunkt, um zumindest einem Teil dieser für uns wichtigen Produktion auch hier einen neuen Boden zu bereiten – das gesellschaftliche Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit, und Menschlichkeit im Herstellungsprozess war noch nie so groß wie heute.
Und die Textilbranche bietet gerade heute eine unglaubliche Vielfältigkeit und zahllose Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung. Sei es im Handwerk mit seiner Kreativität und Flexibilität, der heimischen Textilindustrie mit ihrer Leistungsfähigkeit und ihrem Innovationsgeist, oder selbst der simplen Hobbyschneiderei mit ihrer Lernfreudigkeit und Liebe zum Detail, so viele Menschen finden hier ihre Nische. Trotzdem fehlt es an gesellschaftlicher und politischer Unterstützung, und darunter leiden gerade kleine Betriebe und Firmen, die von globalen Konzernen aufgefressen und zerstört werden.
Daher liegt es an uns allen, uns jetzt und auch in Zukunft für die lokale Bekleidungsherstellung starkzumachen und den Erhalt kleiner Geschäfte und Produktionsstätten zu unterstützen. Das öffentliche Bewusstsein muss sich aktiv verändern – wir müssen uns immer wieder vor Augen führen was es wirklich heißt, Menschlichkeit über Profitgier zu stellen, Umweltfreundlichkeit über Tempowahn, Nachhaltigkeit über den einfachsten Weg. Jeder einzelne von uns muss seinen Worten auch Taten folgen lassen und immer wieder sein eigenes Konsumverhalten überdenken. Und alle gemeinsam müssen wir uns gegenseitig ermutigen, unsere Wurzeln und Traditionen neu zu entdecken, ohne die Innovation und die Offenherzigkeit unserer heutigen Gesellschaft zu verdrängen.
Lasst uns die Schönheit der Vielfältigkeit nie aus den Augen verlieren.
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